Die Pharmakologie von Meskalin
Von Prof. Dr. Torsten Passie
Meskalin (β-3,4,5-Trimethoxyphenethylamin) ist die hauptsächlich halluzinogen wirkende Verbindung des Peyote-Kaktus (Lophophora williamsii), obgleich noch über 60 andere Alkaloide im Peyote festgestellt wurden (Anderson 1996). Und obwohl Meskalin in der wissenschaftlichen Literatur regelmäßig als „klassisches Halluzinogen“ erwähnt wird, ist seine Verwendung als Freizeitdroge eher begrenzt (Fickenscher et al. 2006, Carstairs & Cantrell 2010). In den Vereinigten Staaten wurden praktisch niemals signifikante Mengen synthetischen Meskalins sichergestellt.
In der wissenschaftlichen Literatur sind keine schwerwiegenden körperlichen Komplikationen oder Abhängigkeitssyndrome von Peyote oder Meskalin dokumentiert (Bergman 1971). Die Bewertung der neurokognitiven Kompetenz und der psychischen Gesundheit von Mitgliedern der Native American Church (NAC) hat gezeigt, dass sie ebenso gut wie (und in einigen Bereichen der psychischen Gesundheit besser als) die nicht Peyote verwendende Vergleichsgruppe sind (Halpern et al. 2005).
Pharmakokinetik
Peyote enthält maximal 1,5% Meskalinsulfat. Der Kaktus hat einen bitteren, scharfen Geschmack, der häufig Übelkeit und Erbrechen hervorruft. Die übliche Dosierung beim Menschen beträgt 200 bis 400 mg Meskalinsulfat oder 175 bis 350 mg Meskalinhydrochlorid (Shulgin & Shulgin 1991). Der durchschnittliche Kopf eines Peyote-Kaktus enthält etwa 25 mg Meskalin (Carstairs & Cantrell 2010).
Oral eingenommenes Meskalin wird im Magen-Darm-Trakt schnell und vollständig resorbiert. Der Beginn der Effekte zeigt sich normalerweise nach 30 bis 45 Minuten. Die maximale Konzentration im Gehirn baut sich in 30 bis 120 Minuten auf (Charalampous et al. 1966). Die maximalen Wirkungen treten nach 2 bis 4 Stunden auf und lassen in den folgenden 4 bis 6 Stunden nach. Der Plasmaspiegel korreliert mit der Intensität psychologischer Effekte (Mokrasch & Stevenson 1959).
Meskalin passiert leicht die Blut-Hirn-Schranke. Bis zu 50% können im Liquor nachgewiesen werden, jedoch nur winzige Mengen seiner Metaboliten. Die Meskalinspiegel im Liquor korrelieren mit den Verhaltensmanifestationen (Charalampous et al. 1966). Die Plasmaspiegel der Metaboliten erreichen nach 3 Stunden ihren Höhepunkt und fallen nach 12 Stunden auf nahezu Null ab. Das aufgenommene Meskalin wird innerhalb von 24 Stunden nach oraler Einnahme zu großen Teilen unverändert im Urin ausgeschieden, 26,2% hingegen als Phenylessigsäurederivat (Charalampous et al. 1966). Im menschlichen Urin wurden vier Metaboliten identifiziert: Meskalin 55% bis 60%; 3,4,5-Trimethoxyphenylessigsäure 27% bis 30%; N-Acetylbeta-(3,4, dimethoxy-5-hydroxyphenyl)-ethylamin 5%; und N-Acetylmescalin weniger als 0,1%. Fünf weitere Metaboliten wurden teilweise charakterisiert (Charalampous et al. 1966).
Eine vollständige Toleranz gegen die psychischen Wikrungen entwickelt sich innerhalb weniger Tage und dauert einige Tage an (Wolbach et al. 1962).
Pharmakodynamik
Es gibt wenig qualitativ hochwertige physiologische Forschung zu Meskalin (Passie 2003). Zu den somatischen Wirkungen einer Meskalinvergiftung zählen Mydriasis, Schwindel, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen, erweiterte Pupillen, Bauchkrämpfe, Schwitzen, warme und kalte Empfindungen sowie Zittern und Schwächegefühle. Gastrointestinale Wirkungen können vom Verabreichungsweg abhängen. Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, Kopfschmerzen oder Schwächegefühle treten auf, wenn die Meskalindosis in mehreren Schritten eingenommen wird (Shulgfin & Shulgin 1991). Erhöhter Blutdruck und erhöhte Herzfrequenz wurden berichtet (Hermle et al. 1992). Die somatischen Effekte sind in den ersten 1 bis 2 Stunden am stärksten, klingen dann ab und werden durch einen traumähnlichen halluzinogenen Zustand ersetzt, der je nach Dosis 5 bis 12 Stunden anhält.
Die Sekretion von Prolaktin und Wachstumshormon erfolgt für wenige Stunden, mit Spitzenwerten bei 90 bis 120 Minuten (Demisch & Neubauer 1979).
Von Meskalin wurden keine schwerwiegenden somatischen Nebenwirkungen oder Todesfälle berichtet. Die tödliche Meskalindosis beim Menschen wird auf 6.000 mg geschätzt (72). Es gibt keine Hinweise auf dauerhafte kognitive oder psychophysische Wirkungen von Meskalin (Halpern et al. 2005, La Barre 1976).
Subjektive Effekte beim Menschen
Die typische Meskalinvergiftung ist durch einen traumähnlichen Zustand mit erhöhter Wachsamkeit und Affektivität gekennzeichnet. Euphorische oder dysphorische Stimmungszustände sowie halluzinatorische Wirkungen, Veränderungen des Raum- und Zeitsinns, veränderte Wahrnehmung von Farbe, Klang und Formen, komplexe szenische Imaginationen, Synästhesien, Depersonalisation und ekstatische oder mystische Geisteszustände treten auf. Wiederkehrende visuelle Muster, die während des Meskalinerlebnisses beobachtet wurden, umfassen Streifen, Schachbretter, eckige Spitzen und mehrfarbige Punkte und Fraktale, die sehr komplex erscheinen können (Klüver 1928). Aldous Huxley beschrieb diese sich selbst transformierenden amorphen Formen als animiertes Buntglas, das von Licht beleuchtet wird, das durch die Augenlider fällt. Formverzerrungen und kaleidoskopische Erlebnisse manifestieren sich offenbar deutlicher bei geschlossenen Augen und bei Dunkelheit. "Es hat anscheinend eher stärkere halluzinatorische und etwas schwächere depersonalisierende Wirkungen als das stärkere LSD ..." (Brimblecombe & Pinder 1975).
Über die neuropsychologische Leistung unter dem Einfluss von Meskalin gibt es wenig Forschung. Alberts (1921) und Guttmann (1936) zeigten Defizite bei einfachen Rechenleistungen, Gewichts- und Zeitschätzung, Konzentration sowie Sprach- und Gedächtnisleistung. Es treten auch Störungen der Bewegungswahrnehmung und der Raum-Zeit-Wahrnehmung auf.